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letzte Aktualisierung:
10/08/07

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Die “Hallstatt-Kultur”
 

Die Periode von etwa 750 bis 450 v.Chr. in Mitteleuropa heißt bei den Wissenschaftlern “Hallstatt-Zeit” oder auch “ältere Eisenzeit”. Es war eine Epoche rascher kultureller und sozialer Veränderungen in der Mitte unseres Konti-
nents, mehr in der südlichen als in der nördlichen Hälfte dieses Gebietes. Wir kennen die Gräber, die Waffen, den Schmuck der Menschen, die damals lebten, wir können daraus manches auf ihre Lebensweise und ihre geistigen Vorstellungen schließen. Aber über das, was in diesem Gebiet wirklich geschehen ist, über das, was “Geschichte” ausmacht, wissen wir so gut wie nichts. -  Auch die Menschen der Hallstatt-Zeit hatten, wie alle Völker in Mitteleu-
ropa noch nicht die Kunst des Schreibens gelernt. Und für die bereits schriftkundigen Völker um das östliche Mit-
telmeer lag Mitteleuropa noch viel zu weit außerhalb ihrer geistigen Reichweite, als dass sie es für nötig gehalten hätten, etwas von dem Geschehen dort aufzuzeichnen. Dabei wussten gewiss wenigstens einzelne Kundige im Süden - Transportunternehmer und Handelsherren mit ihren ständigen Handelsbeziehungen nach Mittel- und Nordeuropa - recht gut über die Kriege und Bedrohungen, über die Probleme und Veränderungen dort Bescheid. Denn Kaufleute informieren sich zu allen Zeiten diskret, aber intensiv über die Verhältnisse bei ihren Geschäfts-
partnern. Aber weder damals noch sehr lange danach war es üblich, solches “Geheimwissen” schriftlich aufzu-
zeich-nen. ...
Ohne Zweifel gab damals schon Vorstufen zu dem, was man wenig später als
“Völker” bezeichnen sollte:
die allmähliche Bildung
größerer Kult-, Kultur-, Sprach- und Geschichtsgemeinschaften, wie sie uns etwa in den Kelten, den Latinern und den Germanen entgegentreten. Aber gerade im östlichen Teil des Gebietes der Hall-
statt-Kultur
wissen wir nicht einaml sicher, welches spätere indoeuropäische Volkstum Träger dieser Kultur war. Die Vermutung, dass es sich um die ... “Illyrer” handelte, liegt zwar nahe, ist aber nicht unbestritten. Im
west-
lichen Teil des Gebietes der Hallstatt-Kultur
- vom wetlichen Österreich über den Schwerpunkt Süddeutschland bis Ostfrankreich - entwickelte sich, wie man allgemein annimmt, in jener Zeit das Volkstum der Kelten. ...

   Das Stichwort “ältere Eisenzeit” gibt einen Hinweis auf eine der wichtigsten Veränderungen in jener Epoche. Das Eisen begann langsam, aber unaufhaltsam sich als Werkmaterial durchzusetzen. Das war keineswegs selbstverständlich, sonder eher Folge einer Notlage. Die Kunst des Erschmelzens und Verarbeitens des grauen Metalls war im Mittleren Osten schon Jahrhunderte früher bekannt. Aaber die Schmiede in Mitteleuropa hatten es zu einer unübertroffenen Kunst in der Verarbeitung der Bronze, dieser Legierung aus Kupfer und Zinn, gebracht. Warum sollten sie sich umstellen? Die Verhüttung und Verarbeitung von Eisen war technisch erheblich schwieri-
ger als von Bronze, erforderte viel höhere Schmelztemperaturen und größeren Arbeitsaufwand. - Doch gerade in diesen Jahrhunderten ließ die Versorgung mit dem für den Bronzeguss lebensnotwendigen Zinn nach, sei es, dass die ersten Zinngruben in Europa erschöpft waren, sei es wegen der gefährdeten Handelswege. Das Wiederein-
schmelzen von unbrauchbar gewordenem Bronzegerät wurde zwar versucht, nützte aber nicht viel, denn es ver-
lor dabei an Zinngehalt, die Bronze wurde wich und brüchig. Da war die Verhüttung von Eisen schon ein Ausweg in der Not. man fand es in Erzform allenfals in Gebirgen, ja sogar unter dem Rasen in Moorgegenden. Und als die Schmiede im Raum der Alpen und darüber hinaus erst einmal die nötige Erfahrung im Umgang mit Eisen gewon-
nen hatten, da zeigte sich der neue Werkstoff an Härte und Schärfe der Schneiden den Waffen und Werkzeugen aus Bronze eindeutig überlegen.

   Eine andere technische Erungenasschaft jener Zeit, der bergmännische Abbau von Salz nahe dem heutigen Städtchen Hallstatt im österreichischen Salzkammergut, führte überhaupt zur näheren Erforschung der ganzen Kultur, weil man dort zuerst - schon in der Mitte des 19. Jahrhunderts - ihre Zeugnisse fand; Hallstatt gab der ganzen Epoche den Namen. Dennoch ist der Salzabbau nur ein Zeugnis unter vielen - und nicht einmal das wichtigste - für die Kulturhöhe, die die menschen im südlichen Mitteleuropa damals bereits erreicht hatten.

   Wo gab es eigentlich in Europa in der Mitte des 8. Jahrhunderts v. Chr. schon eine Hochkultur?
In Teilen Griechenland begann man gerade sich mit der Schrift vertraut zu machen, und die Gesänge des Homer (und sicher auch manches andere, uns nicht überlieferte) waren gedichtet worden. Es gab dort schon schöne Weingefäße aus Ton und einige Bemühungen um künstlerischen Ausdruck. Aber sonst lebte man selbst in Griechenland noch recht primitiv. Die kulturelle Hochblüte Athens und anderer Orte kam erst zweihundert Jahre später. In Italien war Rom ein winziges, völlig unbedeutendes Dorf, und die geheimnisvollen Etrusker fingen gerade an, ihre kulturelle und Handelsvorherschaft über die Apenninenhalbinsel auszubreiten.

   Die Völker nördlich der Alpen im Kreis der Hallstatt-Kultur standen in engen Handelsbeziehungen mit ihren süd-
lichen Nachbarn, den Etruskern, und später auch mit den griechischen Kolonialstädten im westlichen Mittelmeer, insbesondere
Massilia (Marseille). Hinterwäldler waren sie nicht, und wenn wir unvoreingenommen die Erzeugnis-
se ihrer Kunst mit denen der Griechen zur gleichen Zeit in Beziehung setzen, dann ist schwer zu entscheiden, wem der erste Preis für
vorgeschichtliche Kunst zuerkannt werden müsste. Gerade aus dem vermutlich illyri-
schen Südostgebiet der Hallstatt-Kultur sind in den letzten Jahrzehnten
zahlreiche Erzeugnisse fortgeschrittener handwerklicher Fertigkeit und Darstellungen von Menschen, Tieren und Ornamenten zum Vorschein gekommen, etwa auf den vielen reichverzierten “Situlen” (Weingefäße aus getriebenem Bronzeblech). Sie lassen auf ein hochentwickeltes Formempfinden der einheimischen Künstler schließen, aber auch auf eine wache Aufnahme neuer Kunsttendenzen, die von Etruskern und Griechen im Wege des Handelsaustausches vermittelt wurden.

   Die Vorgeschichtswissenschaftler können die ausgegrabenen Gegenstände heute bereits erstaunlich gut nach ihrer Entstehungszeit einordnen, und dabei stellten sie fest, dass im 7. Jahrhundert v. Chr. ein auffallender Wan-
del bei der Darstellung menschlicher Figuren in Kunstwerken der Hallstatt-Kultur zu verzeichnen war. Scheuten sich ganz offenbar die Künstler des”Hallstatt-Gebietes” in der Frühzeit aus religiösen Gründen, menschliche Köp-
fe und Figuren naturnah abzubilden,  so lockerte sich - wohl unter dem Einfluss etruskisch-griechischen Lebens-
gefühls - dieses Tabu rasch, und spätere Menschenabbildungen aus dem gleichen Raum zeigen sehr lebendige, wenn auch noch längst nicht porträtähnliche Figuren.

   Die deutlich zu beobachtenden  Veränderungen in der gesellschaftlichen Struktur während der 400 Jahre der Hallstatt-Kultur haben manche Vorgeschichtsforscher früher dazu verleitet, eine Einwanderung neuer Menschen-
gruppen in das Gebiet nördlich der Alpen anzunehmen. Doch die Wissenschaft ist heute überzeugt, dass es sich bei den
Trägern der Hallstatt-Kultur um Menschen gehandelt hat, deren Ahnen mindestens seit der Urnenfelder-
Wanderung
(also seit etwa 1250 v. Chr.), vermutlich aber schon viel länger im gleichen Gebiet ansässig waren. Die Änderung in ihrer Kultzur, soweit wir sie heute feststellen können, waren durch äußeren Zwang bedingt, aber auch durch eine bemerkenswerte Aufnahmefähigkeit für kulturelle Anregungen von außen. In der Frühzeit zeigen die Hinterlassenschaften der Hallstatt-Kultur im ganzen weiten Gebiet von Westungarn bis Ostfrankreich überall noch eine große Ähnlichkeit. Aber nach einiger Zeit begannen die Menschen ind er Westhälfte andere Ornamente zu benutzen, andere Formen von Gerät und Waffen, ihre Bräuche entfernten sich von denen im Osten, und offenbar fing auch die Sprache an, sich immer mehr zu unterscheiden. Im Westen ging, wie erwähnt, die Volkwerdung der Kelten vonstatten. Warum diese Unterschiede auftraten, warum eine immer deutlicher spürbare Grenze den keltischen Westen und den “illyrischenOsten trennte - das ist nach wie vor eines der großen Rätsel der Vorgeschichtswissenschaft.

Quelle: Reinhard Schmoeckel: Die Indoeuropäer. Aufbruch aus der Vorgeschichte.
Bergisch-Gladbach 1999. 396- (gekürzt und leicht modifiziert) -

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Keltenmuseum Hallstatt

 

 

 

http://www.hallstattzeit.de/

 

 

 

 

 

 

 


Aktueller Lesetipp:AiD 1/03, 60-65: Reiche Nekropolen der Hallstatt-Zeit
“Die Hallstatt-Kultur Sloweniens beginnt im 8. vorchristlichen Jahrhundert. Sie folgt damit unmittelbar der jüngeren Urnenfelderkultur. Sie verdankt ihren Reichtum und kulturelle Vielfalt einem intensiven Austausch mit dem westlichen Balkan, etruskischen und picenischen Gebieten im in Mittelitalien und den Zentralalpen im Norden. Funde aus dem größten Grabhügel-Friedhof Sloweniens” (AiD - Vorschau)