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letzte Aktualisierung:
10/08/07

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Fürstensitze


Die späthallstattzeitlichen Burgen
“Von Sonderfällen abgesehen, wurden die späthallstattzeitlichen Burgen immer auf markanten Höhenkuppen oder weit die Tallandschaften überschauenden Spornlagen errichtet und mit aufwändigen Befestigungssystemen gesichert. Wichtigstes Kriterium, einen solchen Wohnplatz in den Rang eines Adelssitzes zu erheben, bildet das Vorkom-
men
mediterranen Imports, und zwar hauptsächlich attischer Keramik. Wenn auch unter-
schiedlicher Forschungsstand und mehr oder weniger intensive Ausgrabungstätigkeit die Beurteilung verschleiern, so lassen sich doch insgesamt
elf späthallstättische Zentren benennen, die von den drei Voraussetzungen, die zur Herausstellung einer Siedlungszelle als Adelssitz berechtigen, wenigstens zwei erfüllen.

Es sind dies:

  • eine befestigte späthallstattzeitliche Höhensiedlung, nachgewiesen durch Ausgrabungen -
    Fehlen bislang archäologische Untersuchungen, oder sind solche infolge moderner Überbauung nicht mehr möglich, so muss zumindest eine durch ihre Topographie zur Errichtung einer umwehrten Siedlung geeignete Höhenlage vorhanden sein
  • das Vorkommen mediterranen Imports in der Siedlung
  • ein oder mehrere benachbarte gold- und/oder importführene Fürstengräber -
    Die Entfernung der Fürstengräber vom Siedlungsareal ist unterschiedlich -
    Zumeist liegt sie innerhalb einer Distanz von maximal 4 bis 5 km -
    Bemerkenswert ist aber, dass gut bezeugte Fürstensitze vielfach zusätzlich noch
    von einem peripheren Ring von Fürstengräbern umgeben sind,
    die Entfernungen bis 40 km (etwa 1 Tagesmarsch) aufweisen.
     

Alle drei Kriterien sind bei der Heuneburg, dem Üetliberg, bei Breisach und beim Mont Lassois erfüllt. Die übrigen aber zeichnen sich wenigstens durch zwei der aufgeführten Voraussetzungen aus:

  • Heuneburg ..... mehr
  • Üetliberg ..... mehr
  • Mont Lassois ..... mehr
  • Münsterberg von Breisach ..... mehr
  • Hohenasperg ..... mehr
  • Schlossberg Hohennagold ..... mehr
  • Marienberg von Würzburg ..... mehr
  • Britzgyberg ..... mehr
  • Châtillon-sur-Glâne ..... mehr
  • Gray Haute-Saône ..... mehr
  • Camp de Château bei Salins-les-Bains ..... mehr

 Darüber hinaus gibt es innerhalb wie am Rande des durch diese elf Zentren späthall-
stättischer Fürstenzivilisation vorgezeichneten Kulturraumes noch eine Reihe weiterer Siedlungen, die sich durch gelegentlichen Import (z.B.
Ipf bei Bopfingen: eine griechische Scherbe) hervorheben, in deren näherer und weiterer Umgebung aber die typischen Großgrabhügel fehlen, oder aber einzelne Riesentumuli wie etwa der Magdalenenberg bei Villingen, wo die benachbarte und allem Anschein nach zugehörige Siedlung indes einen eher bescheidenen Charakter besitzt. Wie sich solche Stationen in die frühkeltische Kulturlandschaft einbinden lassen, werden zukünftige gezielte Forschungsprogramme erweisen müssen.”
                                                                         aus: Spindler, Konrad: Die frühen Kelten. Stuttgart 1983, 34 ff.



Fürstensitze
Als Fürstensitze oder Adelsburgen bezeichnet man die jenigen späthallstattzeitlichen Zentralsiedlungen, sie sich einmal durch ihre herausragende topographische Lage, dann durch aufgefundenen Südimport, insbesondere attisch-schwarfigurige Keramik, und schließlich durch umgebende Großgrabhügel gegen die üblichen offenen Wohnplätze mehr dörflich-bäuerlichen Charakters absetzen. Die geographische Verbreitung der Fürstensitze kennzeichnet mehr als alles andere den Lebensraum frühen Keltentums. - Die bislang identifizierten Stationen der geschilderten Art wahren Abstände von 50 km, teilweise auch etwas mehr Kilometern. Es sind deshalb Stimmen laut geworden, die von Territorien mit der Adelsburg im Mittelpunkt und einem Herrschaftsgebiet von etwa 25 km im Umkreis sprachen. So einleuchtend eine solche territoriale Gliederung innerhalb des Westhallstattkreises auf den ersten Blick erscheinen mag, sie ist dennoch zu sehr dem Modell feudalistisch-neuzeitlichen Kleinstaatentums verhaftet, als dass man es vorbehaltlos auf frühkeltische Machgruppierungen übertragen dürfte.”
                                                           aus: Spindler, Konrad: Die frühen Kelten. Stuttgart 1983, 52 f.

“Fürstensitze” aus der Sicht der Forschung
... In 33 Jahren Ausgrabungsgeschichte wurde die Heuneburg beispielhaft für die Geschichte der “Fürstensitze” und ihrer “Fürsten”. Diese Geschichte beginnt mit der Gründung durch einen “Herrn von Format”, der von seinem “Adelssitz” aus über eine Mittelschicht aus “Fürsten zweiter Garnitur” bzw. einer “non-governing elite” oder “freien Hofbauern” herrscht, die wiederum Herren über die “Unterschicht” sind. die sich aus “leibeigenen Knechten und Mägden” zusammensetzt.
Die chronologisch bunte Zitatenmischung (s. Anm.) zeigt, dass sich bei den Versuchen, ein Gesellschaftsmodell für das 6./5. Jahrhundert v. Chr. zu finden, in den letzten 30 Jahren nicht viel geändert hat außer der Terminologie. Der älteren Heuneburgforschung hat man oft vorgeworfen, dass sie mit “Fürsten”, “Vasallen” und “Dynastensitzen” zu unbesehen die Feudalgesellschaft des europäischen Mittelalters auf die frühe Eisenzeit übertragen habe. Heute sieht man das gelassener, denn “Fürst” in seiner ursprünglichen Bedeutung des “ersten” und “besten” (engl. first) bezeichnet den Ranghöchsten eines Gemeinwe-
sens oder einer Gruppe durchaus treffend, und um den Unterschied zur mittelalterlichen Standesbezeichung zu verdeutlichen, genügen eigentlich die Anführungszeichen. Konzeprionell bedeutsamer war, das mit dem Dynastensitz-Modell vorausgesetzt und auch nie angezweifelt wurde, dass die “Fürstensitze” “Mittelpunkte politischer Herrschaftsbereiche” waren. Überlegungen, ob die Heuneburg in erster Linie nicht doch eine wirtschaftliche Funktion hatte und welchen Grundlagen die Fürsten damit ihren Reichtum und damit ihre politische Macht zu verdanken hatten, standen daher nie im Vordergrund.
Die erste grundlegene Kritik an dem Dynastiekonzept war daher bezeichnenderweise verbunden mit Überlegungen zur ökonomischen Macht der damaligen Oberschicht im Allgemeinen und zum Fernhandel im Besonderen. Die Vorstellung, dass der Westhall-
stattkreis so “zahlungskräftig” gewesen sei, dass er mit dem Süden einen direkten “straff organisierten” Wein- und Bronzegeschirrhandel hätte treiben könne, wurde ... in Zweifel gezogen. ... der Südimport des Westhallstattkreises (sei) weder als direkter Fernhandel noch als Geschenkeaustausch zwischen dem Süden und den Kelten zu deuten, sondern “als Niederschlag eines unregelmäßigen, insgesamt eher sporadischen Güterflusses”; statt feudaler Territorialherren hätten “Oberhäupter von relativ kleinen Verwandschafts-
verbänden
” ihre Hoheitsrechte eher lokal und kleinräumig ausgeübt als regional oder gar überregional. Krasser hätte man den Unterschied nicht ausdrücken können gegenüber den “mächtigen Feudalherren”, die auf direktem Wege “politische Geschenke südlicher Machthaber” empfangen und Beziehungen gepflegt haben sollen, die in “politischen Heiraten
gipfelten.”

                                        
aus: Reickhoff, Sabine u . Biel, Jörg: Die Kelten in Deutschland. Stuttgart 2001, 81 ff.
                                                                                         Anm.: Rieckhoff belegt die entsprechenden Zitate (kursiv) im Text

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Details


 

Literaturhinweise:

Autor / Herausgeber

Titel

Verlag

Jahr

Preis (€)

Spindler, Konrad

Die frühen Kelten.

Reclam

1983

vergriffen

Reickhoff, Sabine u. Biel, Jörg

Die Kelten in Deutschland.

Theiss

2001

64,00

Kuckenberg, Martin

Vom Steinzeitlager zur Keltenstadt.
Siedlungen der Vorgeschichte in Deutschland.

Theiss

2000

36,00

Schmidt, Hartwig

Archäologische Denkmäler in Deutschland.
Rekonstruiert und wieder aufgebaut.

Theiss

2000

26,00

Hanke, Adelheid

Theiss Archäologieführer.
Baden-Württemberg

Theiss

2001

19,90

Stöttner, Elmar

Theiss Archäologieführer.
Bayern

Theiss

2003 (April)

19,90


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