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letzte Aktualisierung:
10/08/07

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Milseburg


aktuelle Ausgrabungen 2003
[
Zeitungsartikel]

“Die markannte Milseburg in der Gestalt eines riesigen Sarges, trägt eine Ringwallan-
lage. Auch andere Berge der nördlich sich anschließenden kuppenreichen Rhön tragen Ringwallbefestigungen (
Öchsen, Stallberg, Baier, Diesburg, Alte Mark, Umpfen u.a.m.). Diese durchlässige kegelreiche Vorderrhön, durch Fulda und Ulster mit der Werra ver-
bunden, ist  ... vom Neolithikum an durchgehend besiedelt, wobei der Bronzezeit und
Hallstattzeit besonderes Gewicht zukommt. Am östlichen Hang des Petersberges lie-
gen bei Stöckels keltische
Latène-B-Gräber mit der dazugehörigen Siedlung und etwas südlich davon ein urnenfelderzeitlicher ausgedehnter Friedhof, der Lanneshof, mit deutlichen Einflüssen von Niederhessen und Osten (Knowitzer Typ)”

aus: Hahn, H.: Miseburg. in: Fulda - Rhön - Amöneburg - Gießen. Führer vor- u. frühgesch. Denkmäler 1 (1964) 16 f.



“Östlich von Fulda, 1,7 km südöstlich der Ortschaft Kleinsassen, erhebt sich auf einem zur Triaszeit ausgebildeten Gesteinssockel der nord-süd-streichende, beite und be-
waldete Bergrücken der Milseburg. Mit
835,2 m Höhe ü. NN ist sie die höchste Erhe-
bung der westlichen Kuppenrhön und überragt hier am Übergang zur Hohen Rhön die umliegende Landschaft um etwa 130 m. Im Süden und Westen wird sie von der Bieber umflossen, in deren Tal ihre Steinhänge tief einfallen, während sie im Osten nur kurz, aber ebenso steil vom Gesteinssockel aufragt. Mit einem Höhenunterschied von 15 m neigt sich die Kuppe von der im Südosten gelegenen höchsten Erhebung zur schmalen, fast gänzlich vom Felsen des
Kälberhutsteins beherrschten Nordseite. Im Nordwesten befindet sich dann auch der einzige leichte Zugang zum Berg. ...

Die
stärkste Befestigung der Milseburg ist ein Steinwall mit 32,5 Hektar Flächeninhalt, der die Nord-, Ost- und Südseite des Berges an seinem Fuße umzieht. Er wurde bereits 1870 von dem bekannten Forscher R. Virchow (1821-1902) entdeckt. ...

Leider wurde der Wall auch später noch in der Gegend für eine moderne Ackergrenze gehalten, so 1896 beim Bau der vorbeiführenden Bahnlinie in seinem nord- und nord-
östlichen Abschnitt fast gänzlich abgetragen und die Steine zur Schotterherstellung verwendet [
mehr...]. Es ist das Verdienst des Baui9nspektors F. Maiss aus Berlin, er-
neut die Bedeutung des Walles erkannt zu haben, und dank seinem schnellen Eingrei-
fen konnte der verbliebene Teil der Anlage noch 1896 unter Denkmalschutz gestellt und gerettet werden. Seine Veröffentlichung gab zudem den Anstoß, zur eingehen-
deren Erforschung der vor- und frühgeschichtlichen Befestigungen im Fuldaer Land.

Der etwa 1.300 m lange Wall beginnt im Norden in der Geröllhalde des
Kälberhut-
steines
, biegt im Bogen nach Südosten um und umrundet, etwa 50 bis 75 m vom Fuß entfernt, die ganze Ostseite des Berges. Dabei wird ein einzelner in der Mitte der Ost-
seite gelegener 5 m hoher Felsblock, der Geisstein, mit in die Befestigungslinie einge-
bunden. Im Süden nähert sich der Wall, der Höhenlinie folgend, wieder dem Berg und läuft in der hier ansteigenden Blockhalde aus. Drei Tore liegen auf der Nordost-, Ost- und Südseite. Nach der bayerischen Flurkarte von 1849, in der die später abgetragene Wallstrecke noch eingetragen ist, war das nördliche Tor eine einfache Mauerlücke.
Der auf dieser Karte eingezeichnete Steinwall , der vom Tor aus mit etwa 150 m Länge nach Norden abging, ist heute völlig verschwunden. Es ist nicht nachprüfbar, ob es, wie vermutet, ein den Weg zum Tor flankierender und damit zur Befestigung gehören-
der “Strahlenwall” war, oder ob es sich, wohl wahrscheinlicher, um einen der in der Landschaft häufigen Lesesteinwälle handelte. Sicher eine moderne Ackergrenze ist der vom ebenfalls als Lücke im Wall gebildeten Südtor nach Süden ziehende Steinwall.
Das dritte östliche Tor, nur 75 m vom Geisstein angelegt, war durch zwei sich überlap-
pende Mauerenden, die eine fast 25 m lange Torgasse schufen, besonders geschützt. Die äußere Torwange weist zudem an ihrem Ende eine bastionsartige Verdickung auf.

Durch ein zwischen Südtor und Wallende angesetztes Annexsystem sind zusätzlich weitere Flächen am süd- und südwestlichen Bergfuß in die Befestigung einbezogen. Ein erster Annex geht, unmittelbar am Südtor ansetzend, nach Süden vom Wall aus, biegt nach 25 m im scharfen Knick nach Südwesten um und zieht im Bogen mit etwa 160 m Länge am Rande einer früher wohl Wasser führenden Mulde entlang, wo er ohne Abschluss an einer modernen Wegekante endet. Ein zweiter, etwa 315 m langer Annex geht, 125 m nordwestlich des ersten, leicht gerundet vom Wall nach Südwesten ab.
Er läuft am gegenüberliegenden Rand der Mulde entlang, biegt dann scharf nach Nord-
westen um und schneidet geradlinig das umschlossene Gebiet gegen das ansteigende Gelände ab. Im kleinen Bogen nach Nordwesten schließt er, nur schlecht erhalten, wieder am Berg an. ...

Bei den Untersuchungen und Grabungen durch den Fuldaer Vor- und Frühgeschichts-
forscher J. Vonderau (1863-1951) und das Landesmuseum Kassel (J. Boehlau sowie C. Eisentraut und W. Lange) in den Jahren zwischen 1900 und 1906, besonders 1905, wurden vor allem in der Nähe der Quellen und auf den Terrassen des Plateaus zahlrei-
che
Siedlungsspuren aufgedeckt. In Nachbarschaft der nordöstlichen Quelle konnte eine größere Ansiedlung in einer unterhalb Kleiner Milseburg und Kälberhutstein gele-
genen Einbuchtung festgestellt werden. Hierbei handelt es sich um etwa
30 kreisrun-
de, mit Steinen umgrenzte “Wohnpodien” mit Durchmessern von 3,5 bis 5 m
, durch-
schnittlich 4 m. Durch eine im Nordosten vorgelagerte Mauer und eine weitere, die die Quelle einschloss, erfuhr das
“Dörfchen”, wie Vorderau die Siedlung nannte, einen zu-
sätzlichen Schutz. Offenbar wurden nur zwei der Podien planmäßig untersucht, dabei auch
latènezeitliche Funde geborgen, doch es ergaben sich - etwa durch eindeutige Pfostenlöcher - keine Hinweise auf die Form der Häuser, die auf diesen kleinen Vereb-
nungen gestanden haben sollen. Die Zeitstellung der einzelnen Strukturen, die in glei-
cher Form auch außerhalb der Befestigungen festzustellen sind, wie auch der so ge-
nannten “
Dorfmauer” ist jedenfalls im Einzelnen noch nicht geklärt.

Die Grabungen zu Beginn des 20.Jahrhunderts waren kaum mehr als Suchschnitte.
Der dabei geborgenen Fundstoff, der ohne genauen Fundzusammenhang vorliegt, umfasst neben zahlreichen Eisengegenständen allein mehrere Zentner Siedlungs-
keramik. Er zeigt, dass die Milseburg von der
Späthallstatt-/Frühlatènezeit im 1. Jh. v.Chr., aus der die meisten Funde stammen, besiedelt worden war.

Die
Milseburg ist die größte und bedeutendste Ringwallanlage innerhalb des Rhön-
gebietes
; ihr reichhaltiger Fundniederschlag lässt auf eine intensive Dauerbesiedlung schließen. Mit Recht darf sie als ein spätkeltisches Oppidum angesprochen werden, das hier im Übergangsbereich zwischen Kelten und Germanen den Mittelpunkt für den umliegenden Siedlungsraum darstellte.  Unter den Funden belegen eine
bronzene
Lanzenspitze aus der Urnenfelderkultur (etwa 12.-8.Jh. v.Chr.)
sowie eine
Scherbe der Schnurkeramik (etwa 2.500-1.800 v.Chr.), dass der Berg auch schon in früherer Zeit aufgesucht worden war.”

aus:

  • Herrmann, Fritz-Rudolf u. Müller, Matthias: Die Milseburg in der Rhön. Arch. Denkmäler Hessen 50. Wiesbaden 1994 (gekürzt)
  • dies.: Hofbieber-Danzwiesen. Oppidum Milseburg. in Rieckhoff, Biehl (2001) 373 ff. (gekürzt)


Topographische Karte: TK 5425 - L 5524
Übersichts-KarteRieckhoff, Sabine u. Biel, Jörg (2001), 373
weitere Karten: Herrmann, Müller (1994)

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Den Kelten auf der Spur
Ausgrabung an der Milseburg startete gestern / “Expedition in verlorene Zeit”
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Hofbieber (ms) “Ohne Moos geht’s los”, könnte man den gestrigen Startschuss der archäologischen Grabung am Fuß der Milseburg überschreiben. Nicht etwa, dass das Projekt finanziell auf unsicheren Füßen stünde. Doch lange bevor sich die illustre Gesellschaft aus Politikern, Wissenschaftlern und Sponsoren auf das unsichere Terrain holpriger Kuhweiden und rutschiger Steine begab, hatten die ehrenamtlichen Grabungshelfer bereits ganze Arbeit geleistet und den jahrtausendealten Ringwall im betreffenden Areal von der Patina der ihn bedeckenden Moose und Flechten befreit. Die “Expedition in eine verlorene Zeit”, so der erste Kreisbeigeordnete Gerhard Möller, kann beginnen.

   In den nächsten drei Monaten wollen die Studenten und Helfer - nicht wenige davon aus dem archäologischen Arbeitskreis des Marburger Geschichtsvereins - unter Leitung der Marburger Archäologin Dr. Ulrike Söder den Geheimnissen der keltischen Befestigungsanlage ein gutes Stück näher kommen. Der heutige Wall könnte der Rest einer Holz-Steine-Mauer sein. Es war genau dieses “könnte” , das zu dem Entschluss führte, eine Ausgrabung in Angriff zu nehmen.
   “Irgendwann hatte ich diese ganzen Konjunktive satt”, erinnert sich der Kreis- und Stadtarchäologe Dr. Matthias Müller an die vielen Exkursionen, die er seit 1989 an die Milseburg geführt hat. Denn außer einigen Untersuchungen des Fuldaer Lehrers und Heimatforschers Prof. Dr. Joseph Vonderau, dessen Enkel Sturmius Feuerstein auch zur Milseburg gekommen war, hat es am “Berg der tausend Gesichter” (Landrat Fritz Kramer) keine weiteren wissenschaftlichen Untersuchungen gegeben. Müllers Ziel: “Es wäre schön, einmal sagen zu können: So war es.”
   Und damit auch wirklich jeder künftige Besucher der Milseburg sich in die Zeit des zweiten und ersten vor-
christlichen Jahrhunderts zurückversetzen kann, soll nach Abschluss der Grabung ein kleines Stück der Mauer originalgetreu rekonstruiert werden. - Bis es soweit ist, müssen die Ausgräber aber noch einen steinernen Berg bewältigen: Der Wall ist bis zu zwölf Meter mächtig, der Grabungsbereich 12 mal 20 Meter groß. Die schweren Basaltbrocken müssen einzeln von Hand abgetragen werden; wie Grabungsleiterin Dr. Ulrike Söder erläuterte, zunächst auf einer Breite von fünf Metern, um ein Profil des Walls zu bekommen. Dann bewegen sich die Archäologen Schritt für Schritt weiter und hoffen, auf Reste von Holzpfosten zu stoßen, die Vonderau vor 100 Jahren an genau dieser Stelle gefunden haben will.
   Es verspricht ein hartes Stück Arbeit für die Wissenschaftler zu werden. In ihrem Namen dankte Bezirks-
archäologe Dr. Andreas Thiedmann den vielen Helfern und Sponsoren: Sparkasse Fulda und die Sparkassen-
Kulturstiftung Hessen-Thüringen fördern die Grabung mit 25.000 beziehungsweise 20.000 Euro, das Fuldaer Bauunternehmen Feuerstein & Gehring GmbH & Co. KG stellt Bauwagen und Gerätschaften, die Bauernhof-
bäckerei Gensler aus Poppenhausen steuert frische Biobackwaren bei und Rhönsprudel die Getränke.

aus: Fuldaer Zeitung / Hünfelder Zeitung 156 (9.7.03) 7

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Zeitreise der Archäologen
Milseburg: Ausgrabungen an Resten der keltischen Stadtmauer
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Hofbieber-Milseburg (Mo) Das “archäologische Erkundungsprojekt Milseburg” hat kürzlich am südöstlichen Fuße des Berges unweit von Danzwiesen begonnen: Vor etwa 2100 Jahren errichteten dort die Kelten eine mehrere Meter breite und hohe Steinmauer, die ihre große Siedlung, das Oppidum, schützen sollte. Die Archäologen werden auch weitere Teile der Milseburg genauer untersuchen.

   Die äußere Stadtmauer der Kelten ist im Laufe der Zeit zusammengebrochen und erscheint dem Betrachter heute als Wall. Um Genaueres über den Aufbau der Trockenmauer aus dem anstehenden Phonolith mit senk-
rechten
Pfostenschlitzen zu erfahren, wird derzeit ein zwölf mal 20 Meter großes Stück des Ringwalles schicht-
weise abgebaut, um so in ihn hineinzuschauen.

Überreste einer Holz-Steine-Mauer

   Als Grabungsort wurde eine Stelle gewählt, neben der bereits “Spatenprofessor”  Joseph Vonderau (1863 bis 1951) in den Jahren 1901 bis 1906 einen heute noch sichtbaren Suchgraben angelegt hat. Vonderau hatte da-
bei herausgefunden, dass an dieser Stelle Überreste einer Holz-Steine-Mauer aus dem zweiten/ersten Jahr-
hundert vor Christus liegen. Er berichtete damals über “gute Ergebnisse” seiner Untersuchungen, deren Doku-
mentation aber heute nicht mehr vorliegt. - Der Fuldaer Kreis- und Stadtarchäologe Dr. Matthias Müller, dem die Gesamtleitung der Grabung obliegt, erläuterte den Stand und den Fortgang der Arbeiten. Er zeigte sich zu-
frieden mit dem bisher Erreichten, obwohl die Grabung am keltischen Steinwall viel Muskelarbeit erfordert. Das Grabungsareal wurde mit Unterstützung des Petersburger Vermessungsingenieurs Hubert Nimmrichter bereits komplett neu eingemessen. Das Fuldaer Ingenieur-Büro für Baustatik, Norbert und Michaael Gehring, stellte ihr Programm für eine digitale Aufmessung mit Bildbearbeitung für die geplante Dokumentation zur Verfügung.

Areal wurde für Besucher gesperrt

   Müller betonte weiter, dass die Anzahl der freiwilligen Helfer wegen des geringen Ausmaßes des Untersu-
chungsfeldes derzeit begrenzt bleiben muss, dazu komme noch die sehr große Gefahr von Verletzungen infolge der aufgeschichteten lockeren Steine. Aus diesem Grunde ist das Areal auch für Besucher gesperrt. Der Kreis-
archäologe bittet darum, dass die Grabungsstelle nicht betreten wird. Die Arbeiten werden jedoch anhand von aufgehängten Informationstafeln erläutert, noch auftretenden zusätzliche Fragen werden nach Möglichkeit von der örtlichen Grabungsleiterin Dr. Ulrike Söder, ihren vier hauptamtlichen Helfern beziehungsweise von Müller beantwortet. Der Archäologe bedankte sich bei den Sponsoren, die das Projekt finanziell unterstützen. Einige neue - wie die Apfelkelterei aus Flieden - haben sich erst nach Grabungsbeginn gemeldet und Finanzhilfe angeboten.
   Auch Dr. Ulrike Söder ist mit der bisher geleisteten Arbeit und ihren Ergebnissen zufrieden, wenngleich sie gedacht hatte, “dass es schneller mit den Steinen geht”. Eine solche Aufmerksamkeit und Unterstützung wie hier an der Milseburg - dem Berg mit seinen “tausend Gesichtern” - habe sie bisher noch nirgendwo erfahren.
   Doch nicht nur die Untersuchung des “Innenlebens” und Gründung des kleinen Keltenwallstückes steht für die Archäologen und ihre Helfer auf dem Programm. Auch umfangreiche Erkundung (Prospektion) der ganzen “Stadtmauer”, die eigentlich schon 1971 bei Anlegung des prähistorischen Wanderpfades durchgeführt werden sollte, das dazugehörige Siedlungsareal mit seinen Terrassen und runden “Wohnpodien” einschließlich ihrer früheren Wasserversorgung soll noch bearbeitet werden. Auch der Bergsporn des Liedenküppels im Nordwes-
ten der Milseburg soll untersucht werden, hat hier doch die mittelalterliche “Milseburg” (Turmburg) gestanden, die erstmals im Jahre 1119 erwähnt wurde und von der noch Spuren zu sehen sind.

Hier haben bis zu 1000 Menschen gewohnt

   Spektakuläre Funde sind bisher noch nicht zu Tage getreten. Doch einige Relikte wie Siedlungskeramik, Mauerstrukturen, Pfostenlöcher sowie ein “sekundär verbrannter” Mahl- oder Reibestein werden dazu dienen, neue Erkenntnisse über die Besiedlung der Milseburg zwischen der späten Hallstattzeit bis unmittelbar vor Christi Geburt zu gewinnen, immerhin sollen hier einmal bis zu tausend Menschen gelebt haben.

aus: Marktkorb am Sonntag 32 (10.8.03) 14

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Wo die Wilden Kerle wohnten
Wallanlagen, Tonscherben, Plüschdruiden:
Die Kelten haben in der Rhön ihre Spuren hinterlassen, jetzt wird danach gegraben
[Kultur - Freizeit]
von Claudia Diemar

HOFBIEBER “Gewaltige Körperlänge, rötliche Haare, große Schilder und überlange Schwerter, dazu ihr Gesang, wenn sie in die Schlacht ziehen... all das bewusst darauf angelegt, Schrecken zu erregen”, notierte der Römer Titus Livius über die wehrhaften Nachbarn im Norden. 387 v. Chr. waren sie unter Fürst Brennus weit nach Süden gezogen und hatten Rom erobert und geplündert. Bis nach Kleinasien kamen die keltischen Krieger, weite Teile Europas wurden von ihnen vor der Zeitenwende beherrscht. Erst mit dem Gallischen Krieg unter Julius Caesar - Asterix und Obelix lassen grüßen - begann der Stern der Kelten zu sinken.
 
   Doch nicht nur im Kampfgetümmel zeigten sie sich ideenreich. Auf sie geht die Erfindung der Seife ebenso zurück wie die der Pflugschar und anderer schmiedeeiserner Geräte. Sie fertigten kunstvolle Schmuckstücke aus Bronze und Glas. Schade nur, dass das Kulturvolk keine schriftlichen Zeugnisse hinterließ. Was wir über sie wissen,  stammt vor allem aus der Feder der alten Lateiner. Spuren keltischer Besiedlung lassen sich dennoch an vielen Orten ausfindig machen unter anderem in der
hessischen Rhön.
   Unweit von Fulda liegt der Bergrücken der Milseburg, mit 835 Metern Höhe die höchste Erhebung der westlichen Kuppenrhön. Eine Burganlage wird man vergeblich suchen, nur unscheinbare Reste künden von der mittelalterlichen Wehranlage, die bereits im 13. Jahrhundert verfiel. Umso eindrucksvoller präsentieren sich dagegen die Spuren der Kelten. Ein etwa
1.300 m langer, breiter Steinwall beginnt im Norden an der Geröllhalde des Kälberhutsteines und zieht sich in einem weiten Bogen um die Ostseite des Berges. Eine zweite, innere Befestigungslinie verläuft entlang eines nach Westen ausgerichteten Plateaus. Die imposante Wehranlage von insgesamt 32 Hektar ist das größte archäologische Denkmal der Rhön.
   Nun muss man nicht denken, dass die alten Kelten zum Schutz ihres “
Oppidums” einfach tonnenweise Steine aufschütteten. Was heute zu sehen ist, sind nur die Reste einer gigantischen Wehrmauer, die von einer Holzverschalung gehalten wurde. Pfosten und Bretter sind dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen.
   Leider wurde der Wall lange für eine viel jüngere Ackergrenzziehung gehalten. Beim Bau einer nahen Bahnlinie 1896 wurde ein großer Teil der Steine für das Ablegen des Gleisbettes verschottert [
mehr]. Erst kurze Zeit später machte der Vor- und Frühgeschichtsforscher Joseph Vonderau hier erste Grabungen und bewies die Bedeutung der Anlage. Seine Funde sind heute in dem nach ihm benannten Vonderau-Museum in Fulda ausgestellt. Zehn Zentner Tonzeug, Küchengeräte und ein kapitales Schwert wurden damals gefunden.
   Seit nunmehr knapp 100 Jahren aber ist an der Milseburg keine Forschung oder Grabung mehr getätigt worden, obwohl Fuldas Stadt- und Kreisarchäologe Matthias Müller hier nach anhaltendem Regen die keltischen Tonscherben  direkt vom Boden auflesen kann. Jetzt wird erstmals wieder eine ausführliche Grabung  vorgenommen - direkt unter den Augen der Spaziergänger, die sich im Naturschutzgebiet auf den Weg zum Gipfel des markanten Berges machen. Wer den Anstieg geschafft hat, findet nicht nur eine Kapelle und Kreuzigungsgruppe vor, sondern auch eine zünftige Schutzhütte. Wirt Ernst Bleuel verpflegt seit 35 Jahren die Wanderer und wird vom Archäologen Müller scherzhaft “unser letzter Kelte” genannt, weil Livius’ Beschreibung recht gut auf ihn passt.
   [
Ernst Bleuel kann auch die Legende vom Riesen Mils erzählen. Der sollte hier oben einst im Dienste des Teufels Wache halten und sicher stellen, dass die christlichen Missionare nicht in der Rhön Fuß fassen würden. Mils aber war ein unaufmerksamer Geselle, der nichts von der frommen Umtriebigkeit mitbekam und deshalb eines Morgens vom goldglänzenden Gipfelkreuz auf dem Kreuzberg geblendet wurde. Vor Wut warf er einen Steinhagel in die Landschaft, woraus die Kuppenrhön entstand. Riese hin, Teufel her, der Ausblick von der Milseburg in das “Land der offenen Fernen” ist überwältigend.]
   [Wem nach gallischer Follkore zumute ist, der sollte ins
Keltenhotel “Goldene Aue” in Sünna reisen. Zwar sind die Zimmer modern ausgestattet, sogar ein Freibad und eine Sauna gibt es, doch Wirt und Personal sind gewandet wie in einem Historienfilm. Auf den Tisch kommen Dinge, die auch schon unsere Vorfahren gegessen haben mögen: Braten mit Wiesenkräutern, Pilzsuppe und Waldbeeren etwa. Die Stühle sind mit Fellen bespannt, im Kamin lodert ein offenes Feuer, und manchmal spielt die Gruppe “Megin” mit Trommel und “Dord” auf, dem Nachbau eines keltischen Blasinstruments aus Bronze.]

   Auf dem
Dietrichs- und dem Öchsenberg findet man bis heute Reste von Wallanlagen sowie Grabhügel und Quellheiligtümer.
   Auf dem Thüringischen Dolmar, Hausberg Meiningens, kann man eine Anlage von oben bewundern. [Unterhalb des Berges residiert die “Flugschule Dolmar” mit der Ausflugsgaststätte “Quax”. Von hier aus kann man mit Ultraleichtfliegern in die Luft gehen.]
   Die Kelten waren es auch, die im nahen Bad Salzungen als erste das “weiße Gold” gewannen. Das moderne Solebewegungsbad des Kurhauses wurde darum nach den alten Galliern “Keltenbad” benannt.
[Wer den Zusammenhang nicht glaubt, kann an der Kasse nicht nur den Eintritt lösen, sondern auch Plüschdruiden und Keltenkosmetik erstehen. Draußen im Gradierwerk inhalieren Kurgäste die Sole im historischen Wandelgang. Damit das Salz nicht ihre Kleider beschmutzt, tragen sie lange weiße Leinenkutten und sehen wirklich wie Druiden aus.]
                                                                                                                           aus: Frankfurter Rundschau 202 (30.8.03) 31

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Weitere INFORMATION
über die
Milseburg ???

Neue Informationen über die Ausgrabungen,
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und Ergebnisse aus den Ausgrabungen,
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