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letzte Aktualisierung:
10/08/07

 

 

 

 

 

 

 


Donnersberg


“Rekonstruktionen von Mauern und Toranlagen finden wir an mehreren Stellen:
Am eindrucksvollsten ist das 1985 errichtete Mauerstück auf dem Donnersberg
beim pfälzischen
Dannenfels (Rheinland-Pfalz). Die etwa 5 m hohe Mauer aus dem anstehenden Rhyolit, einem extrem harten und steinmetzmäßig nicht zu bearbeitenden Urgestein, ist zwischen mächtigen Pfosten aufgeschichtet, die Brustwehr aus unbesäumten Bohlen ist jedoch ein wenig zu urig-rustikal geraten. Rechts und links der Rekonstruktion schließt der originale Steinwall an,
auf dem der ausgeschilderte
Wanderweg verläuft.”
                                                                                     aus: Schmidt, Hartwig (2000) 93 f.
Topographische Karte: TK 6314 - L 6314
Wanderkarte: Kreisverwaltung Donnersbergkreis: Keltenweg 1:5.000
Übersichts-Karte:
Rieckhoff, Sabine u. Biel, Jörg (2001), 320

zur Übersicht “keltische Kulturgeschichte rund um den Donnersberg”

 

“Mit 240 ha Flächeninhalt und 8,5 km Wall-Länge gehört das Oppidum
auf dem
Donnersberg zu den größten Stadtanlagen der keltischen Welt ...
Die schwierigen Grabungsbedingungen, die in der Siedlungsfläche kaum Baustrukturen erkennen ließen, machten eine weitgehende Beschränkung auf die Erforschung der Wallanlagen und ihrer relativen Abfolge notwendig. Angesichts der Größenausdehnung und der extrem schlechten Beobachtungs- und Erhaltungsbedingungen in dem größtenteils bewaldeten Bereich werden Flächengrabungen zur Klärung von Innenbesiedlung und -struktur auch in Zukunft kaum möglich sein.
Lesefunde von Steinbeilen und einigen wenigen Scherben bezeugen die Nutzung des Berges bereits in neolithischer Zeit. In der ausgehenden
Spätbronzezeit (Urnenfelderzeit) ist der Berg an verschiedenen Stellen etwa im Bereich der Viereckschanze und des Südwalles besiedelt. Dort konnte unter dem Wall noch eine erhalten gebliebene Siedlungsschicht entdeckt werden, die vor und hinter dem Wall durch die Baumaßnahmen für die keltische Befestigung abgegraben war.

Der “Schlackenwall”
Auf einem Geländesporn im Norden des späteren Oppidums wurde offenbar schon in der älteren Eisenzeit ein Abschittswall angelegt. Auf der Sohle des vorgelagerten 5 m breiten und 1,4 m tiefen Grabens fanden sich grobe, wohl ältereisenzeitliche Scherben. Eine späthallstattzeitliche Fußzierfibel, als Streufund in der Wallaufschüttung des Zwischenwalles gefunden, konnte auch einen Hinweis auf die Nutzung des Areals in dieser Zeit geben.
In keltischer Zeit wurde der Wall neu errichtet. Diese Befestigung ist einem Feuer zum Opfer gefallen. Die hohe Temperatur, die das als Wallmaterial verwendete anstehende Rhyolith-Gestein zum Schmelzen brachte, kann nur durch den Brand umfangreicher Holzeinbauten in der Wallkonstruktion entstanden sein
1. Die voroppidazeitliche Entstehung des “Schlackenwalles” ist durch die Verwendung von Schlacken in der Wallanlage des Oppidums selbst gesichert. Eine unbefestigte keltische Siedlungsstelle, südlich auf der Kuppe gelegen, ist durch weitere Steinschlacken gekennzeichnet, so dass offensichtlich eine voroppidazeitliche Besiedlung durch Brandzerstörung zugrunde ging.
 
Die Viereckschanze
Noch in der Zeit vor Errichtung des Oppidums entstand wohl die Viereckschanze. Die 65 m x 97 m große Anlage ist mit einem 5 m breiten und 1,8 m tiefen, gerundet v-förmigen Graben umgeben, der vor dem Tordurchlass im Süden eine Tiefe von 2,50 aufwies. Der Wall hatte ursprünglich eine Breite von 4-5 m mit einer deutlichen Überhöhung der Ecken.  Heute ist der Wall nur noch mit ca. 1 m Höhe zu erkennen und durch die neuzeitliche Nutzung im gesamten Südosten völlig abgetragen. An der südlichen Schmalseie befand sich der Zugang, dessen keltischer Zustand allerdings durch den Einbau eines mittelalterlichen Zangentores im 10./11. Jh. weitgehend zerstört wurde. In der Innenfläche wurde nur in der Nordostecke eine größere Fläche untersucht und dort anhand von Pfostenspuren eine ca. 5 m x 5 m große “Kulthütte”2, wohl das eigentliche Heiligtum der Viereckschanze, entdeckt. Ob eine Schachtanlage vorhanden war, die für andere Anlagen dieser Art typisch ist,  muss anhand des begrenzten Grabungsumfanges offen bleiben. Der hohe Grundwasserstand macht tiefere Eingrabungen ohnehin kaum möglich. Vielleicht war auch der Quellhorizont für die Platzwahl dieses heiligtums ausschlaggebend. Das geringe keramische Fundmaterial lässt eine genaue Zeitbestimmung von Gründung und Nutzungszeit der Anlage kaum zu. Die Keramikfunde machen innerhalb des Spektrums der keltischen Keramik vom Donnersberg eher einen altertümlichen Eindruck, so dass seine Gründung noch in die Voroppidumzeit fallen könnte. Somit wären die Bereiche “
Schlackenwall”, Siedlung auf der Kuppe südlich davon und Heiligtum möglicherweise eine Funktionseinheit. Erst mit der Anlage des Oppidums kam dan die Viereckschanze innerhalb des Siedlungsbereiches zu liegen.
                                                                                                                                            
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Das
Oppidum
Die 8,5 km langen Wallverläufe umgrenzen ein
Ostwerk mit dem so genannten Zwischenwall und ein wesentlich schwächer ausgeprägtes Westwerk. Bis zu den Grabungen 1974 galten Ost- und Westwerk als die letzte und größte Ausbaustufe. Es zeigte sich allerdings eine völlig andere Entwicklung: das Gründungsoppidum umfasste mit Ost- und Westwerk tatsächlich die größte Fläche mit 240 ha!

- Westwerk
Nach den Oberflächenfunden war lediglich das
Ostwerk als eigentliche Oppidum flächig besiedelt, während im Westwerk keine nennenswerten Funde zutage getreten sind. Auch ist hier eine mindere Wallqualität der 6 m breiten Wallschüttung festzustellen, die wohl kaum mehr als 2 m Höhe erreichte. Hier sind wohl eher Weide- und Bedarfsflächen für die umliegende keltische Bevölkerung in Krisenzeiten anzunehmen. Der Zugang zum Westwerk erfolgte an der Südwestecke durch ein Zangentor. In das eigentliche Oppidum gelangte man wahrscheinlich mittels einer einfachen Wallunterbrechung am Ostwall des Westwerkes. Wie bei der gesamten Anlage fand auch hier die einfache Pfostenschlitzmauer mit angeschütteter Rampe als Bauprinzip Verwendung. Die Mauer ist einphasig und nicht erneuert worden. Nur dem Südteil des Westwalles ist ein Graben vorgelagert.

- Ostwerk
Die Befestigungsanlage wurde nach einem gleich bleibenden Bauschema als
Pfostenschlitzmauer von ca. 4 m Höhe und hinterschütteter Wallrampe vom 7 m Breite errichtet (Rekonstruktion). Die Pfosten hatten eine Stärke von von 35-40 cm Durchmesser und waren in einem Abstand von rund 3 m in Pfostengruben eingestellt. Mindestens zwei Queranker sicherten die Frontpfosten in 1-1,5 m bzw. etwa 2 m Höhe. Das gesamte Ostwerk zeigt eine zweite Bauphase mit der Verblendung einer weiteren Frontschale im Abstand von 1 m vor der alten Front. Nur der Südwall zeigt eine dritte Bauphase mit einer weiteren, nochmals vorgeblendeten Frontschale. Ein vorgelagerter Graben findet sich durchgehend nur vor dem Südwall. Dort liegt der tiefste Punkt des durchschnittlich 4 m breiten und 1,2 m teifen Grabens 9 m vor der Frontmauer. Der Verlauf des Ost- wie Nordwalles zeigt keine Gräben. Auffallend ist ein Graben im Südteil des Westwalles, also innerhalb des Westwerkes. Von dem Südwall wurde in der Nähe des Ludwigsturmes 1985 ein 25 m langes Teilstück rekontruiert. Drei Zugänge zum Hauptoppidum sind anhand von Zangentoren zu erkennen.
Beim
Zwischenwall stehen die Frontpfosten nur im Abstand von 1,2-1,3 m. Dieser Wall gehört zur letzten Periode des Oppidums und zeigt eine Verkleinerung des Ostwerkes.

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Nach den umfangreichen Untersuchungen durch Wallschnitte lässt dich die Entwicklung des Oppidums in 3 Abschnitte gliedern:

    1. Gesamtoppidum mit Ost- und Westwerk
    2. Ost- und Westwerk mit Erneuerung der Umwehrung des Ostwerkes
         und partiellen Ausbesserungen am Wall des Westwerkes
    3.
    Reduzierte Stadtfläche mit Aufgabe des Nordwalles am Ostwerk
         und Nordabschluss mittels “Zwischenwall”. -
    Aufgabe des Westwerkes.
                                                                                                                                      
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 Die Gründung des Oppidums scheint in einer älteren Phase der Spätlatènezeit erfolgt zu sein. Ob das geringe, bislang leider noch nicht publizierte Fundmaterial für eine genauere Datierung ausreicht, erscheint fraglich. Unter den zeittypischen Funden finden sich Fibeln vom Mittellatèneschema und Nauheimer Fibeln; jüngere Fibeltypen scheinen zu fehlen. Einen wichtigen chronologischen Hinweis geben Funde aus der zweiten Siedlungsphase, die bei der Errichtung des Zwischenwalles in dessen Wall-
schüttung gerieten. Es handelt sich um ein
kahnförmiges Ortband eines Latène-
schwertes
, eine Form, die am Übergang von LtD1 zu D2 stehen dürfte, sowie um Importamphoren der Form Dressel 1B und Reste von “Hoppstätter Kelchen”. Solche Stücke können allerdings keineswegs die These stützen, dass das Oppidum erst im Rahmen der augusteischen Feldzüge aufgelassen wurde. Dressel 1B-Amphoren finden sich eindeutig schon in Fundzusammenhängen um 75 v.Chr. Hoppstädter Kelche sind typisch für einen Fundhorizont, der die Auflassung von castella und oppida um 50 v.Chr. umschreibt. Selbst wenn man der letzten reduzierten Stadt noch eine gewisse Dauer zubilligt, ist eine Besiedlung bis an die römische Zeit heran kaum wahrscheinlich. Alle Oppida, die in Nordgallien diesen Zeitabschnitt erreichen, zeigen die Spuren römischer - meist militärischer - Präsenz. Ein gerade auf römischen Druck aufgelassenes Oppidum wäre niemals ohne militärische “Nachsorge” geblieben.
Dafür fehlen alle Spuren. Viel eher spricht für eine frühe Auflassung - vielleicht erst nach 50 v.Chr. - der Nachweis von germanischen Gräbern des Großromstedt-
Horizontes im 1 km nahen
Bischheim und das Aufblühen von spätkeltischen Siedlungen wie Alzey oder Mainz-Weisenau. Diese Siedlungen zeigen eine Kontinuität keltischer Bevölkerung zur Okkupationszeit in Rheinhessen und der nördlichen Pfalz.

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Das Oppidum Donnersberg war vor der Mitte des 1. Jh. v.Chr. sicher das politische und auch wirtschaftliche Zentrum keltischer Stämme in Rheinhessen und der nördlichen Pfalz. Möglicherweise handelt es sich hierbei um östliche Teilstämme der Treverer.
Der neuerliche Nachweis von Münzprägung auf dem Donnersberg
mit gebietstypischen keltischen Silberobolen unterstreicht diese Bedeutung.”
    
aus: Bernhard, Helmut: Ringwallanlage, “Schlackenwall”, Viereckschanze, Oppidum auf dem Donnersberg. in: 
Rieckhoff, Sabine u. Biel, Jörg (2001), 320-323 (gekürzt)
 

Forschungs- und Grabungsgeschichte
1893: Chr. Mehlis - Schlackenwall, Viereckschanze
1930: K. Bittel (Römisch-Germanische Kommission) -
1966: K.W. Kaiser (mit Landesvermessungamt) - Gesamtvermessung der Anlage
1974-83:
K. Bittel + H.J. Engels (Kommission für die Erforschung keltischer und frühgermansicher Denkmäler) - Ausgrabungen in der keltischen Stadtanlage
                                                                                                                                                                                          
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Anmerkungen der Redaktion:
1Der Schlackenwall ist ein bogenförmiger Wall, größtenteils aus stark erhitzten, und im Zuge der Erhitzung verschlackten (= teilgeschmolzenen) Steinen - von seiner Lage her ist der Wall als Schutz- oder Verteidigungs-
wall wenig sinvoll. Verschlackte Wälle stellen nicht wirklich eine Seltenheit dar; allerdings wurde noch nie experimentell  nachzuvollziehen versucht, ob beim Brand einer Holz-Stein-Mauer eine derartige Verschlackung auftritt. In Großbritannien sind sie häufiger vertreten („vitrified forts“), aber auch dort hat man sich bisher mit der Annahme begnügt, dass die Mauern wohl abgebrannt seien. Z. Zt. wird im Zusammenhang mit dem  Donnersberger Schlackenwall von Wissenschaftlern der Universität mainz (Prof. Dr. Hofmeister) eine neue Theorie untersucht:  da zur Gesteinsaufschmelzung Temperaturen von >1.200 °C erforderlich sind, was bei einem „normalen“ Brand nicht erreicht werde, muss diese große Hitze absichtlich herbei geführt worden sein, vielleicht handele es sich um eine Anlage zur Glasproduktion. (
Andrea Zeeb-Lanz)
2zur Problematik der Viereckschanzen und deren Neuinterpretation: an dieser Stelle wird auf die Seite “
Viereckschanzen” verwiesen

 

Anfahrt
A 63 Abfahrt
Kirchheimbolanden - nach Westen nach Dannenfels - Richtung Rockenhausen über Bastenhaus auf den Donnersberggipfel (mit 687 m höchster Punkt der Pfalz) - Wander-Parkplatz in der Nähe des rekonstruierten Mauerabschnitts - Ausgangspunkt für den Keltenweg, der die wichtigsten Punkte der keltischen Aanlage erschließt.

 

zur Übersicht “rekontruierte Bauten”

zur Übersicht “Oppida 1”

zur Übersicht “Oppida 2”

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Literaturhinweise:

Autor

Titel

Ort

Jahr

Zeeb-Lanz, Andrea

Das keltische Oppidum auf dem Donnersberg
in: Pare, Christopher:
Bevor die Römer kamen
117-126

Mainz

2003

Engels,
Heinz Josef

Der Donnersberg I.
Die Viereckschanze. Grabung 1974/75.

Wiesbaden

1976

Engels,
Heinz Josef

Das spätkeltische Oppidum auf dem Donnersberg.
Ergebnisse der Forschungen seit 1974.
Mitt. Hist. Ver. Pfalz. 83, S. 5-32

 

1983

Bittel, Kurt

Der Donnersberg. Eine keltische Stadtanlage.
Abh. geistes- u. sozialwiss. Klasse. Akad. Wiss. u. Lit. 1981 Nr. 8

Mainz

1981

Lenz-Bernhard, G u. H. Bernhard

Das Oberrheingebiet zwischen Caesars gallischem Krieg und der flavischen Okkupation (58 v.- 73 n.Chr.).
Eine siedlungsgeschichtliche Studie.
Mitt. Hist. Ver. Pfalz. 89

 

1991

Gans, H.K.

Auf Keltenwällen über den Donnersberg.
Arch. Deutschland 7/3, S. 40-41

 

1991

Hässel, Helmut

Der Donnersberg und seine prähistorische Befestigungsanlage. (3 Teile)
in: Nordpfälzer Geschichtsverein.
Beiträge zur Heimatgeschichte 71.
2 (1991), 3 (1991), 4(1991)

Rockenhausen

1991

Kreisverwaltung Donnersberg-
kreis

Keltenweg.
Wanderkarte 1:5.000
auf der Grundlage der Karte der Ringwälle auf dem Donnersberg 1:5.000
unter der archäologischen Redaktion von Dr. H.J. Engels

Kirchheim-
bolanden

o.J.



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über das OPPIDUM auf dem
Donnersberg ???

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